Deutscher Gewerkschaftsbund

Interview mit Dr. Alexandra Wagner

Ein „Mehrwert“ für die Unternehmen

Geschäftsführerin des Forschungsteams Internationaler Arbeitsmarkt (FIA) und Mitglied im BeraterInnennetzwerk des Instituts DGB-Index Gute Arbeit

Alexandra Wagner

Foto von Alexandra Wagner DGB-Index Gute Arbeit

Welchen Nutzen hat der Einsatz des DGB-Index Gute Arbeit im Betrieb?

Ich würde das Instrument immer empfehlen, wenn man Verbesserungen anstrebt. Zunächst geht es um die „Diagnose“. Bei Index-Befragungen handelt es sich um eine Art Screening zu den Arbeitsbedingungen. Es wird ermittelt, welche körperlichen und psychischen Belastungen und Beanspruchungen besonders hoch sind. Da dies anhand von Punktwerten gemessen wird, kann man Vergleiche anstellen. Zum Beispiel kann man sagen, welche Unternehmensbereiche oder Personengruppen hinsichtlich der Arbeitsintensität oder der emotionalen Anforderungen besonders beansprucht sind. Die Befragungsergebnisse bilden eine Art „Landkarte“ der Herausforderungen.

Der Nutzen des Instruments besteht jedoch nicht primär in der Diagnose selbst, sondern vielmehr darin, dass die Befragungsergebnisse ein Ausgangspunkt für Veränderungen in den Arbeitsbedingungen sind. Man schaut sich die Ergebnisse an und fragt sich: Was steht dahinter? So werden Ursachen für (zu) hohe Belastungen und Beanspruchungen aufgedeckt und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entwickelt. Die Stärke des Instruments besteht in seiner Nutzung für einen partizipativen Verbesserungsprozess.

 

Von welchen Erfolgskriterien ist es abhängig, dass die Befragung mit dem DGB-Index zu einer besseren Arbeitsgestaltung führt?

Ein zentrales Erfolgskriterium ist, dass eine bessere Arbeitsgestaltung das ernsthafte Anliegen der betrieblichen Akteure ist. Im Idealfall wird die Befragung durch den Betriebs- oder Personalrat in Kooperation mit dem Arbeitgeber initiiert. Ich habe aber auch schon erlebt, dass der Betriebsrat die Durchführung der DGB-Index-Befragung ohne Mitwirkung des Arbeitgebers durchgeführt hat. Durch die breite Diskussion der Befragungsergebnisse in der Belegschaft konnte sich die Unternehmensleitung dann dem Handlungsbedarf bei der Arbeitsgestaltung nicht mehr verschließen. Es braucht immer einen „Treiber“ – einen Akteur, der wirkliche Veränderungen will.

Darüber hinaus ist natürlich die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von großer Bedeutung. Nur wenn diese vom Nutzen der Befragung überzeugt sind und dem Vorhaben vertrauen, werden sie sich aktiv einbringen. Woraus erwächst dieses Vertrauen? Es muss klar sein, dass die Befragung nicht zu Kontrollzwecken oder zur Beurteilung von Beschäftigten oder Vorgesetzten genutzt wird. Datenschutz und Anonymität sind unbedingt zu sichern. Und in der Diskussion müssen unterschiedliche Meinungen akzeptiert werden. Nur ein wirklich offenes Herangehen ermöglicht es, das Expertenwissen der Beschäftigten nutzbar zu machen. Deshalb empfehle ich immer, zunächst einmal Fragen zu stellen und nicht vorschnell zu bewerten. Weitere Erfolgsfaktoren sind eine gute Projektsteuerung, die Herstellung von Transparenz und eine gute Vorbereitung, z.B. durch die Formulierung maßgeschneiderter betriebsspezifischer Zusatzfragen.

 

Welche konkreten Ergebnisse konnten durch den Einsatz des Instruments erzielt werden?

Die praktischen Maßnahmen sind in jedem Betrieb unterschiedlich. Teilweise sind es kleinere Veränderungen, zum Beispiel die Verbesserung der internen Kommunikation durch die Wiedereinführung von regelmäßigen Besprechungen oder die Anschaffung besserer Schutzkleidung. In anderen Fällen werden auch strittige und aufwändigere Themen angepackt, wie zum Beispiel Gerechtigkeitsdiskussionen oder der Umgang mit dem Arbeitsdruck. In einem Fall wurden die bereits seit langem kritisierten betrieblichen Regelungen zur Prämiengestaltung angepasst, was von den Beschäftigten sehr positiv bewertet wurde.

Meiner Erfahrung nach hat die Anwendung des Instruments aber auch unabhängig von den konkreten Maßnahmen einen Mehrwert für die Unternehmen: Wenn die Beschäftigten intensiv in die Entwicklung der betrieblichen Maßnahmen einbezogen werden und der Diskussions- und Umsetzungsprozess für alle Beteiligten jederzeit transparent ist, führt dies zu einer Art „Kulturwandel“ im Unternehmen. Dies wurde bislang von den Beschäftigten und den Führungskräften überaus positiv wahrgenommen.


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